Traditionelles Rezept: Kalbshinterkeule nach Angeviner Art
Traditionelles Rezept: Kalbshinterkeule nach Angeviner Art
Andere Bezeichnungen: Geschmorte Kalbshinterkeule nach Angeviner Art
Entdecken Sie das traditionelle Rezept der Kalbshinterkeule nach Angeviner Art – ein ikonisches Gericht aus der Region Anjou, das die Noblesse des Kalbfleischs, die Finesse des Weißweins aus Anjou und die Langsamkeit des Schmoren miteinander vereint, für ein zartes und aromatisches Fleisch.
Anekdote aus Anjou: Geduld und Kalb
Landweisheiten
"Man darf das Kalb nicht drängen, ebenso wenig das Feuer: je mehr Zeit man sich nimmt, desto mehr Geschmack gewinnt man."
"In Anjou werden weder der Wein noch das Kalb gehetzt: Geduld schafft Geschmack."
Diese Sprüche aus der Landschaft von Anjou spiegeln eine Lebenskunst wider, die auf Sanftheit und Maßhaltung beruht. Die Alten betonten oft, dass Geduld der Schlüssel ist, damit sich die Zutaten voll entfalten können.
In den Bauernhöfen von Saumurois wurde das Kalb oft im Frühjahr geschlachtet und für Festmahle aufbewahrt. Es wurde langsam „auf kleiner Flamme“ in einem Schmortopf aus Gusseisen gegart, während der Weißwein sanft reduziert wurde und das Fleisch mit feinen Aromen durchzog.
Kalbshinterkeule: Ein Name zum Schmunzeln
Im 17. und 18. Jahrhundert konnte das Wort „cul“ in Anjou anstößig oder zu umgangssprachlich wirken, besonders im Bürgertum oder Adel.
Die Kalbshinterkeule bezeichnet den ganzen Kalbsschlegel – ein edles, zartes und schmackhaftes Stück Fleisch. Doch ihr Name brachte die Leute oft zum Schmunzeln. In eher formellen Familien oder bürgerlichen Salons wagte man es nicht, ihn auszusprechen, und fragte schüchtern beim Metzger nach:
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„eine Unanständigkeit vom Kalb“
oder -
„Hinterstück“.
Diese Umschreibung, gleichzeitig schelmisch und vorsichtig, zeigte den Respekt vor gesellschaftlichen Konventionen und ließ gleichzeitig Platz für kulinarischen Humor. Alte Aufzeichnungen sind voller solcher Euphemismen – eine elegante Art, ein Stück Fleisch zu benennen, das sonst Verlegenheit oder Gelächter ausgelöst hätte.
Langsamkeit – das Geheimnis des Geschmacks
Die Angeviner hatten auch Sprüche, um die Bedeutung des sanften Garens zu betonen:
"Niedrige Hitze macht das Fleisch so zart wie das Herz eines Engels."
Diese respektvolle Langsamkeit ist zum Symbol der Küche von Anjou geworden: keine Hast, kein Übermaß, nur Gleichgewicht und feine Aromen.
Legende
Um 1738, unter der Herrschaft von Ludwig XV., genoss der Hof von Anjou ruhigen Wohlstand. Die Weinberge produzierten Weißweine, die in Versailles bekannt waren, und das bürgerliche Anjou pflegte einen Lebensstil voller Maß und Raffinesse.
Der Herzog von Anjou machte Halt in der Herberge „Cheval Blanc“. Müde von einer Reise und schweren Mahlzeiten wünschte er sich ein leichtes, zartes Fleisch.
Guillaume Berthelot, Koch aus Montreuil-Bellay, hatte die Idee, eine Kalbshinterkeule mit Weißwein aus Anjou, Schalotten, frischer Butter und Kräutern aus dem Garten zu schmoren. Die Garzeit betrug fast drei Stunden in einem verschlossenen Schmortopf.
Der Herzog rief aus:
"Bei meiner Ehre, das ist ein Gericht, das nach Loire und der Geduld der Angeviner duftet!"
Das Rezept wurde in seinem persönlichen Kochbuch unter dem Namen „Kalbshinterkeule nach Angeviner Art“ niedergeschrieben und erscheint 1772 in einem kulinarischen Manuskript in Angers.
"Wo die Kalbshinterkeule köchelt, bleibt das Glück im Haus."
Geografische Herkunft und Status
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Land: Frankreich
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Region: Anjou (Maine-et-Loire, Pays de la Loire)
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Überlieferung: Mündliche Tradition, bürgerliches Rezept im 19. Jahrhundert codifiziert
Historie
Die Kalbshinterkeule nach Angeviner Art gehört zur großen bürgerlichen Tradition des Loire-Tals, wo das milde Klima und der landwirtschaftliche Reichtum eine elegante und großzügige Küche begünstigen.
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18. Jahrhundert: Adelige Tafeln in Angers und Saumur, lang geschmorte helle Fleischgerichte, begleitet von lokalen Weinen
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19. Jahrhundert: Rezept in bürgerlichen Kochbüchern kodifiziert
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20. Jahrhundert: Tradition in Gasthäusern des Loire-Tals fortgeführt, angepasst an moderne Backöfen
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Heute: Symbolgericht für Sonntagsessen, Bankette und regionale Kochvorführungen
Bedeutende Köche und Beiträge
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Marc Guibert (Angers): modernisiert die Sauce mit edlem Wein und glasiertem Gemüse
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Jean Bardet (Tours): betont das langsame Garen im Schmortopf und das Glasieren der Pilze
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Jean-Pierre Coffe: setzt auf bäuerliche Produkte und authentischen trockenen Weißwein
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Pascal Favre d’Anne (Angers): zeitgenössische Version mit Haselnussbutter und reduziertem Jus
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Auberge Saint-Pierre (Saumur): traditionelle Version mit Pilzen und Speckwürfeln
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La Table de la Bergerie (Champ-sur-Layon): gastronomische Interpretation mit Topinambur-Püree
Präsentation des Gerichts
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Aussehen: goldbraunes Fleisch, überzogen mit bernsteinfarbener Sauce
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Textur: zart und saftig
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Hauptaromen: Weißwein, Butter, Schalotten, reduzierter Kalbsfond, Pilze
Kulinarische Besonderheiten
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Langsames Schmoren in geschlossenem Topf
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Andicken mit Mehl („singer“)
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Ablöschen mit trockenem Anjou-Weißwein
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Zugabe von sautierten Pilzen am Ende
Notwendige Utensilien
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Gusseisentopf
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Feines Sieb
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Pfanne
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Schaumlöffel
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Küchenmesser
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Schneidebrett
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Schöpflöffel
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Schneebesen
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Saucenpfanne
Zutaten (für 6 Personen)
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1,5 kg Kalbshinterkeule (gebunden)
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100 g Speckwürfel
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1 Karotte
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1 Zwiebel
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2 graue Schalotten
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1 Knoblauchzehe
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250 g Champignons
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30 g Butter
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1 EL Mehl
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25 cl trockener Anjou-Weißwein
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25 cl heller Kalbsfond
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1 Kräutersträußchen (Thymian, Lorbeer, Petersilie)
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Salz, frisch gemahlener Pfeffer
Zubereitung
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Vorbereitungszeit: 30 Min.
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Kochzeit: 2 Std. 30 Min – 3 Std.
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Schwierigkeitsgrad: Mittel bis Fortgeschritten
Schritte:
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Fleisch vorbereiten:
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Putzen, binden und würzen.
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Rundherum in Butter anbraten, bis es goldbraun ist.
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Schmorgrundlage:
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Speckwürfel und fein geschnittenes Gemüse hinzufügen, 6–8 Min. ohne Farbe anschwitzen.
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Bei Bedarf mit Weißwein ablöschen.
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Singer:
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Mit Mehl bestreuen, 2–3 Min. anschwitzen bis hellbraun.
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Ablöschen:
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Weißwein zugießen, auf die Hälfte reduzieren, heißen Kalbsfond hinzufügen.
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Fleisch und Kräutersträußchen zurück in den Topf, kurz aufkochen lassen.
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Schmoren:
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Zugedeckt bei schwacher Hitze oder im Ofen bei 160 °C 2 Std. 30 – 3 Std. garen.
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Alle 30 Min. begießen und einmal wenden.
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Fertigstellung:
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Fett abschöpfen, Sauce filtern, 5–7 Min. reduzieren.
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Pilze sautieren und in die Sauce geben.
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Optional: Mit Butter montieren für Glanz.
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Servieren:
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In 1,5 cm Scheiben schneiden, mit Sauce überziehen, Pilze anrichten.
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Dazu passen: Salzkartoffeln, Püree, glasiertes Gemüse, Reis Pilaf oder Gratin Dauphinois.
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Erfolgskriterien
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Zartes, saftiges Fleisch
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Sämige, glänzende Sauce in bernsteinfarbener Farbe
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Aromatische Harmonie: Weißwein, Kalbsfond, Butter, Pilze
Hygienestandards
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Kerntemperatur ≥ 68 °C
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Einhaltung der Kühlkette
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Arbeitsflächen nach Kontakt mit rohem Fleisch reinigen
Varianten und regionale Abwandlungen
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Klassisch Angeviner Art: trockener Anjou-Weißwein, einfache Beilage
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Saumuroise: Saumur-Wein, konfierte Schalotten
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Zeitgenössisch gastronomisch: Reduktion mit edlem Wein, Wurzelgemüsepüree
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Hausmannskost: Backofen ohne Speckwürfel und Pilze
Tipps und Tricks
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Leicht mehlig bestäuben für sämige Sauce ohne Schwere
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Starkes Kochen vermeiden
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Sauce zum Schluss mit Butter montieren für Glanz
Empfohlene Getränke
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Weißweine: trockener Anjou blanc, Saumur blanc, Coteaux du Layon
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Rotweine: leichter fruchtiger Saumur-Champigny
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Alkoholfrei: Zitronenverbene-Tee, leicht vergorener Weißtraubensaft
Kulinarisches Glossar
Schmoren, Kräutersträußchen, feines Sieb, Gusseisentopf, entfetten, ablöschen, abschäumen, binden, Kalbsfond, Andicken, köcheln, montieren, ablöschen, überziehen, putzen, Reduktion, Singer, anschwitzen
(Definitionen wie im Originaltext)
Nährwertangaben (pro Portion 300 g)
| Nährwert | Menge |
|---|---|
| Energie | 520 kcal / 2175 kJ |
| Fett | 32 g |
| Kohlenhydrate | 8 g |
| Eiweiß | 46 g |
| Ballaststoffe | 1,5 g |
| Allergene | Milch (Butter), Gluten (Mehl) |
| Anpassungen | Glutenfrei (Maisstärke), laktosefrei (neutrales Öl) |